persolog® – Persönlichkeit im Profil

Persönlichkeiten werden nicht durch schöne Reden geformt, sondern durch Arbeit und eigene Leistung.  Albert Einstein (1879-1955)

Ein Mittwochvormittag in einem Autohaus mittlerer Größe in einer kleinen schleswig-holsteinischen Stadt. Kunden sind im Moment nicht zu bedienen, das Telefon ist ruhig, der Meister auf Probefahrt, der Chef nicht im Hause und die Kollegen irgendwo in Werkstatt oder Lager. Himmlische Ruhe also, die auch durch den in der Kundenecke sitzenden Trainer des Landesverbandes nicht gestört wird. Endlich kann sich die Dame am Empfang dem schon lange liegen gebliebenen Papierkram widmen.

 

Nach einigen Minuten wird die Stille gestört. Die Tür geht auf. Ein älterer Herr kommt zögernd auf den Tresen zu, hinter dem die nicht sehr groß gewachsene und gerade am PC sitzende Mitarbeiterin kaum zu sehen ist. Sein „Guten Morgen“ findet keine Erwiderung, und so ist dem Herrn auf den letzten Schritten bis zum Counter die Unsicherheit anzumerken. Er greift in seine Manteltasche und holt die Schlüssel seines Wagens heraus. Nun steht er direkt vor der Mitarbeiterin, die immer noch nicht zu erkennen gegeben hat, dass sie den Kunden überhaupt wahrgenommen hat. Der lässt den Schlüssel leicht auf die Kunststoffplatte fallen. Das Geräusch hat die erhoffte Wirkung: Die Dame reißt sich vom Bildschirm los und schaut den Mann vor sich direkt an. „Ich wollte meinen Wagen zur Inspektion bringen, für die ich um 10 einen Termin habe.“ Die Mitarbeiterin nickt, nimmt den Schlüssel und lässt den Kunden wissen, dass er den Wagen um 16 Uhr wieder abholen könne. Er verabschiedet sich im Rausgehen, doch da ist die Empfangsdame schon wieder in ihre Welt der Abrechnungen vertieft.

Dieses Beispiel ist eindrucksvoll, bestimmt nicht exemplarisch für Kfz-Betriebe in Schleswig-Holstein, aber sicher auch nicht die absolute Ausnahme. Das Gespräch mit dem Inhaber, der den Trainer nach seinen Eindrücken während dieses Tages fragt, liefert Erklärungen für die oben geschilderte Beobachtung. Die Dame kommt aus der Buchhaltung. Im Rahmen einer Umstrukturierung hat sie diese neue Aufgabe bekommen, und damit ist eine Situation entstanden, die allen Beteiligten Unbehagen bereitet – den Kunden, weil sie missachtet werden, dem Chef, weil er sich natürlich wünscht, dass sein Personal freundlich ist, aber auch der Dame, die das Empfinden hat, nie ihre Arbeit vernünftig machen zu können, weil immer Menschen stören. Was tun? Hier mag mancher denken: „Na, das kann ja wohl nicht so schwer sein. Der Chef muss agieren und die Dame darauf aufmerksam machen, dass sie freundlich zu sein hat. Klare Ansage. Ganz einfach!“ Das genau hat der Chef gemacht. Er hat seine Mitarbeiterin obendrein zu einer Schulung geschickt, die das Thema „Serviceorientierung“ zwei Tage lang intensiv behandelt hat, inklusive der von allen Teilnehmern so geschätzten Rollenspiele; die Dame hat ihre „Theateraufführung“, in der sie mit einem ungehaltenen Kunden professionell umgehen sollte, übrigens abgebrochen mit dem Ausruf: „Was soll der Quatsch? Das ist mir zu blöd. Bringt doch nichts!“ Es ist zu befürchten, dass die oben geschilderte Situation kein Einzelfall bleiben wird – trotz klarer Ansage des Chefs, trotz Schulung. Die Frage „Was tun“ sollte deshalb besser lauten: „Wie lässt sich so etwas von vornherein verhindern“.

Lässt sich das überhaupt verhindern? Die Antwort lautet: Nicht immer, aber oft! In obigem Fall hätte der Chef bei einer Einschätzung der Persönlichkeit seiner Angestellten im Voraus erkennen können, dass sie am Empfang Probleme haben wird. Natürlich kann es nicht darum gehen, dass ein Personalverantwortlicher ein abgeschlossenes Psychologie-Studium benötigt, um bei allen „seinen“ Leuten genau zu wissen, wie sie ticken. Wie in der Kommunikation gibt es aber auch bei der Persönlichkeitsanalyse Modelle, die einer Führungskraft die Arbeit erleichtern. Selbstverständlich liefern sie nur ein grobes Raster, aber das reicht schon, um dem Inhaber obigen Kfz-Betriebs schnell erkennen zu helfen, dass er mit seiner Entscheidung, eine Buchhalterin zur Serviceassistentin zu befördern, niemandem einen Gefallen tut.

Im Folgenden soll eines dieser Persönlichkeits-Modelle vorgestellt werden. Das sogenannte persolog® Persönlichkeits-Profil beschreibt das Verhalten eines Menschen aufgrund von vier Grundeigenschaften: dominant D, initiativ I, stetig S und gewissenhaft G. Den Eigenschaften dominant und gewissenhaft wird die grundsätzliche Haltung „aufgabenorientiert“ zugewiesen, den Eigenschaften initiativ und stetig die Haltung „menschenorientiert“. Weiter wird den Eigenschaften dominant und initiativ Bestimmtheit zugeordnet, den Eigenschaften stetig und gewissenhaft dagegen Zurückhaltung. An dieser Stelle ist noch einmal zu betonen: Wie alle Modelle beschreibt auch das persolog® Persönlichkeits-Profil einen Menschen stark vereinfachend. Es hat kein Mensch nur eine Eigenschaft, die ihn definiert. Jeder kann in Lebenssituationen auch Eigenschaften zeigen, die ihn normalerweise eher nicht auszeichnen, und außerdem ist die Persönlichkeit eines Menschen nicht in Beton gegossen. Sie ist – zum Glück – wandelbar. Des Weiteren sind viele Menschen nicht „reine“ D, I, S oder G, sondern sie sind Mischformen aus zwei, manchmal sogar drei Verhaltenstendenzen. Was das persolog® Persönlichkeits-Profil für Führungskräfte aber interessant macht, ist die Möglichkeit, sich selbst und andere relativ schnell zumindest grob einzuschätzen. Das ist eine wichtige Unterstützung, wenn es darum geht, die Mitglieder seiner „Mannschaft“ effektiv einzusetzen.

Nehmen wir noch einmal das vorne geschilderte Beispiel. Mit diesem Modell als Hilfsmittel zur Persönlichkeitsanalyse kann obige Situation mit großer Sicherheit vermieden werden. Ein Nachdenken über diese Mitarbeiterin unter Berücksichtigung des persolog® Persönlichkeits-Profils macht deutlich, dass die große Stärke der Dame in ihrer Gewissenhaftigkeit liegt. Aus diesem Grund ist sie eine wirklich gute Buchhalterin. Verbunden mit dieser Eigenschaft sind Aufgabenorientierung und Zurückhaltung. Das erklärt ihr Verhalten. An dem ruhigen Morgen stellte sich ihr die Aufgabe, den liegen gebliebenen Papierkram zu erledigen. Plötzlich tauchte ein Kunde auf, der sie aus ihrer Tätigkeit herausriss – es zumindest versuchte. Für sie besaß jedoch die Erledigung administrativer Aufgaben Priorität, und deshalb kostete es sie erkennbar Anstrengung, überhaupt Notiz vom Kunden zu nehmen. Die Zurückhaltung wird dazu führen, dass sie, selbst in Momenten, in denen sie nicht gerade mit anderweitigen Aufgaben beschäftigt ist, sehr reserviert erscheint. Für die Führungskraft, in diesem Fall den Inhaber, bedeutete dies, sich die Frage zu stellen, ob er es sich leisten will, jemanden, für den es eher eine Überwindung bedeutet, sich Menschen zuzuwenden, als ersten Ansprechpartner für die Kundschaft zu bestimmen.

Die Antwort lautete „Ja“. Und auch da ließen sich durch das persolog® Persönlichkeits-Profil Erklärungen finden, warum der Inhaber diese Entscheidung traf, die für viele durchaus überraschend erscheint. Seine Haupteigenschaft ist die Stetigkeit und damit eine Menschenorientierung. Stetige Menschen haben das Bestreben, mit anderen gemeinsam etwas zu erreichen. Sie sind Teamplayer und versuchen zu integrieren. Außerdem sind ihnen Veränderungen eher zuwider. All diese Persönlichkeitsmerkmale bestimmten die Entscheidung mit, die Mitarbeiterin, für die es in der Buchhaltung keine Verwendung mehr gab, nicht zu entlassen sondern in den unterbesetzten Empfang zu transferieren. Wohlgemerkt bestimmte dieses Charaktermerkmal die Entscheidung in gewissem Maße, aber es wäre zu stark vereinfachend, wenn behauptet würde, dass jeder stetige Mensch in dieser Situation so entschieden hätte.

Noch ein weiteres Beispiel aus einem Betrieb, in dem eine interessante Konstellation beobachtet werden konnte. In diesem Fall zeigte der Inhaber klare Charakteristiken eines initiativen Menschen. Sehr Menschen zugewandt, immer wieder begeistert von neuen Ideen und voller Tatendrang, wenn es darum ging, neue Projekte anzuschieben. In diesem speziellen Fall war er Feuer und Flamme für eine neue Software. Mit ihr konnte von der Auftragsannahme über die Ersatzteilbestellung und die Reparatur bis hin zur Lagerverwaltung alles innerhalb eines Systems bearbeitet werden. Das würde, davon war der Chef des Autohauses überzeugt, vieles vereinfachen und damit auch Fehler reduzieren, die in letzter Zeit leider gehäuft aufgetreten waren. Wie es genau funktionierte, das wusste er auch nicht, aber er sollte ja auch nicht damit arbeiten, sondern seine Leute.

Die entscheidende Figur für die Einführung, das wusste der Autohaus-Besitzer, war sein Werkstattmeister. Die beiden waren sich nicht immer „grün“; ein Blick auf das persolog® Persönlichkeits-Profil verriet, dass der Werkstattmeister ein starkes D besaß. Während nun also der Chef voller Euphorie die neue Software preist, ist sein Angestellter schon nach den ersten Sätzen dabei die „spinnerte Idee vom Boss“ zu zerpflücken. Dazu genügt die den begeisterten Redeschwall unterbrechende Frage: „Haben Sie es schon ausprobiert?“ Nach der Verneinung ist der Angestellte mit der Geschichte durch und lässt das auch klar erkennen: „Schon beim letzten Mal war doch die angeblich so tolle Software ein Rohrkrepierer. Das wird jetzt auch nichts.“ Tatsächlich war vor zwei Jahren das Einführen eines neuen Programms, das vieles vereinfachen sollte, gescheitert. Warum genau, das konnte der Chef nicht mehr nachvollziehen, aber er erinnerte sich, dass der Widerstand auch vom Werkstattmeister ausging. „Probieren Sie es doch einfach mal aus. Sie werden sehen, das wird klappen“, sind die vorerst letzten Worte, die in dieser Angelegenheit zwischen den beiden gewechselt werden, denn der Chef der Werkstatt ist schon wieder halb aus der Tür, da er ja schließlich viel zu tun hat.

Wie sich leicht denken lässt, kam es nicht zu der den Inhaber nach wie vor begeisternden Neuerung. Weiterhin gehen alle Aufträge über den Schreibtisch des Werkstattmeisters, genauer gesagt liegen sie auch dort. Er hat sein Büro zwischen Werkstatt und Kundenannahme, und nur er überschaut das „geordnete Chaos“. Wenn er nicht da ist, dann stehen alle – Annahme, Werkstatt und Lager – „auf dem Schlauch“. Niemand kennt den Stand der Dinge, und wenn ein Kunde anruft und fragt, wie weit die Reparatur seines Fahrzeugs ist, dann müssen die Damen am Empfang das Telefonat zum Werkstattmeister durchstellen, der hoffentlich am Platz ist und nicht gerade auf Probefahrt, denn das macht er auch noch. Kein Wunder, dass sich die Fehler häufen, besonders natürlich dann, wenn so viel los ist, dass ein einzelner den Arbeitsanfall nicht allein bewältigen kann.

Unvorstellbar so etwas? Leider nein. Wie ließe sich eine so schwierige, die Wirtschaftlichkeit und das Betriebsklima des Unternehmens so negativ beeinflussende Situation lösen. Das persolog® Persönlichkeits-Profil gibt dem Inhaber Hinweise darauf, was er vor dem ersten Schritt zu tun hat, weil es ihm zeigt, welche Art der Kommunikation einem stark dominanten Menschen angemessen ist. Ganz wichtig ist es gerade für eine initiative Führungskraft, die an verantwortungsvoller Position in ihrem Team ein D hat, ganz präzise zu kommunizieren. Zahlen, Daten und Fakten – das interessiert eine Person mit einer starken D-Ausprägung. Dazu gehört in der Vorbereitung, auf die Einführung einer Neuerung, klar die Gründe benennen zu können, warum das Neue sinnvoll ist. Dafür ist Arbeit am Detail erforderlich, etwas das initiativen Menschen, die eher das „große Ganze“ sehen, oft schwer fällt. Und dann muss sich die initiative Führungskraft auch darauf einstellen, dass negative Reaktionen vom D kommen werden. In diesem Moment bei der Sache zu bleiben und negative Urteile nicht als Zurückweisung der eigenen Person aufzufassen, wird der initiativen Führungskraft helfen, die notwendige Konsequenz zu beweisen. Wer einmal gegenüber einem D „einknickt“, der wird es in Zukunft äußerst schwer haben, Neues durchzusetzen, wie obiges Beispiel zeigt.

Das persolog® Verhaltens-Profil ist ein sehr wirksames Instrument, um Erklärungen für Verhaltensweisen und damit auch für zwischenmenschliche Konflikte zu finden. Mit dem Blick auf sich selbst, die eigenen Stärken und Schwächen, wird es für die Führungskraft leichter sein, die Schwächen seiner Mitarbeiter zu erkennen und ihre Stärken für das Unternehmen zu nutzen.

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