Erfolg hängt von den Mitarbeitern ab

Brennen oder Schema F?

„Führungskräfte müssen authentisch und kritikfähig sein. Der Mitarbeiter muss wissen, dass er nicht leiden muss, weil er mal den Mund aufgemacht hat und auf einen Missstand hingewiesen hat.“

Judith Beile

Gute Leute gewinnen und die Guten, die man hat, nicht verlieren – so lässt sich in Kurzform darstellen, was alle Betriebe der Branche weit oben auf ihren To-do-Listen haben. Welche Wege sind erfolgversprechend, welche sind unbedingt zu meiden?

Positivstes Szenario

Die MitarbeiterInnen kommen motiviert zur Arbeit. Fehlzeiten sind gering. Es herrscht eine Atmosphäre positiver Anspannung, des Sich-Tag-für-Tag-der -Herausforderung-Stellens, das Beste für den Kunden zu geben, um diesen langfristig an das Unternehmen zu binden. Jeder einzelne sieht sich als wichtigen Botschafter des eigenen Unternehmens.

Werbebudgets werden aus diesem Grund verschwindend gering gehalten. Es sind schließlich neben dem Personal auch die zufriedenen Kunden, die den Kfz-Betrieb bekannt machen.

Die guten Bewertungen auf Plattformen wie Kununu ziehen wiederum nicht nur hoch qualifizierte, sondern auch ebenso engagierte Kräfte an. Die Schlüsselpositionen sind durchgehend doppelt besetzt, was plötzliche Engpässe durch Unvorhergesehenes verhindert. Neben ihrem Fachwissen zeichnen sich die einzelnen MitarbeiterInnen vor allem durch Qualitäten wie Empathie und Teamfähigkeit aus. Das bedeutet auch, dass für den anderen mitgedacht wird, was durch die Bereitschaft, über den Tellerrand hinweg zu sehen, möglich ist. Ausdrücklich wird dies von der Firmenleitung gefördert. Besondere Anstrengungen werden unternommen, um auch Quereinsteiger und Menschen mit Migrationshintergrund in die „Mannschaft“ zu integrieren. Diese Philosophie macht den Einzelnen offen für Neues, für unkonventionelle Lösungen, für das Neu-Denken von Bestehendem. Diese geistige Beweglichkeit, diese Frische im Kopf führt die MitarbeiterInnen zu einem agileren Verhalten, was wiederum von Kunden positiv wahrgenommen wird.

Schema F ist nicht der bevorzugte Weg. Damit diese Haltung auch von den MitarbeiterInnen gelebt werden kann, ist eine Kultur der Offenheit im Umgang mit Fehlern zu beobachten. Es wird im täglichen Geschäft immer der Blick darauf gerichtet, sich nicht damit aufzuhalten, wer den Fehler begangen hat, sondern was geschehen ist, und wie dies in Zukunft möglichst vermieden werden kann. Diese Offenheit betrifft natürlich auch technische Neuerungen; gerade in dieser Branche, die eine hohe Umdrehungsgeschwindigkeit besitzt. Daneben sind es aber auch neue Formen der Kommunikation, die sowohl nach innen (Bsp. Slack) als auch nach außen (Social-Media-Kanäle, wie Facebook, Youtube, Instagram, Pinterest oder der eigene Snapchat-Channel) gerichtet sind und die souverän von den MitarbeiterInnen bespielt werden.

Dieses ungewöhnliche Engagement wird von der Geschäftsführung durch weitreichende Maßnahmen zur Förderung des guten Binnenklimas unterstützt und gefördert. Flexible Arbeitszeitsysteme gehören selbstverständlich dazu, die Möglichkeit ein Sabbatical einzulegen, zeitweise im Home Office zu arbeiten oder Überstunden je nach Wunsch zu behandeln (sich dafür mit Geld oder mit Freistellung bezahlen zu lassen). Ein intensives betriebliches Gesundheitsmanagement kräftigt und schont gleichzeitig die Human Ressources, die sich ganz natürlich sowohl aus Jungen als auch aus Älteren zusammensetzen. Kontinuierliches Training on the Job ist für alle eine Selbstverständlichkeit, Coaching-Maßnahmen und die Möglichkeit, sich fachlich immer weiter zu entwickeln werden verwirklicht. Beiden Seiten, MitarbeiterInnen und Führungskräften ist bewusst, dass Erfolg immer von dem Gelingen eines produktiven Miteinanders abhängt.

Negativstes Szenario

Es existiert keine wirkliche Bindung an das Unternehmen. Allenfalls Dienst nach Vorschrift ist Standard, d.h. jeder ist darum bemüht, „sein Ding“ zu machen, keinesfalls jedoch mehr. Der Blick auf das Ganze fehlt vollständig. Klare Prozesse werden abgearbeitet, aber wehe, wenn Unvorhergesehenes geschieht, dann gerät der gesamte Arbeitsprozess durcheinander, und es dauert sehr lange, bis wieder Alle und Alles in der Spur sind. Darüber kann es durchaus vorkommen, dass Kunden buchstäblich vergessen werden, nicht zu sprechen von jenen immer nachrangig behandelten Bedürfnissen, die nicht auf der Liste stehen und deshalb auch nicht existieren. Wenn sie doch wahrgenommen werden, dann sind sie in den Augen des Personals lästige Störungen, die den Arbeitsablauf durcheinander bringen. Mehr oder weniger zähneknirschend, wenn es denn garnicht anders geht, wird auch mal was außer der Reihe gemacht. Überstunden selbst in Ausnahmesituationen (Bsp. Räderwechsel-Saison) müssen von der Geschäftsführung eingefordert werden und lösen durchweg eine Verschlechterung der vorherrschenden angespannten Atmosphäre aus.

Da sich das Personal aus Geringmotivierten zusammensetzt, ist die Fluktuation groß. Neue MitarbeiterInnen sind in Zeiten des Fachkräftemangels fast unmöglich zu finden. Motivierte und gleichzeitig Hochqualifizierte schon garnicht.

Stattdessen beherrschen „Söldner“ das Bild, solche, die allein von der Vergütung angezogen und nur so lange gehalten werden können, bis jemand mehr zu zahlen bereit ist.

Was nicht den eigenen Interessen gilt, was nicht glasklar in der Stellenbeschreibung dokumentiert ist, wird nicht gemacht, selbst wenn es unbedingt im Interesse des Unternehmens getan werden sollte. Fortbildungsmaßnahmen, wenn sie nicht zwingend vorgeschrieben sind, werden nur dann angenommen, wenn es „hübsche“ Zusatzleistungen gibt, und man sich dadurch für ein paar Tage aus dem Hamsterrad befreien kann. Betriebliches Gesundheitsmanagement findet nicht statt. Die Krankheitsquote ist entsprechend hoch, einige fallen viele Monate aus, was die angespannte Personalsituation weiter verschärft. In einigen Bereichen geht nicht mehr viel, weil die Schlüsselposition aus Krankheitsgründen aktuell nicht besetzt ist. Kundenzufriedenheitswerte sind entsprechend niedrig – mit all den daraus resultierenden betriebswirtschaftlichen Folgen (Margenminderung, etc.). Gerade in dieser Situation, in der die Gewinne zusammenschmelzen, werden noch erhebliche Mittel „rausgehauen“, um durch verschiedene Werbemaßnahmen Kunden zu halten oder neue zu gewinnen. Der Effekt ist gering, da Neuankömmlinge nur über Rabatte zu einem zweiten Besuch des Hauses überredet werden können.

Da es keine Mitarbeitergespräche gibt, ist die Geschäftsleitung nicht im Bilde, wenn es um ihre Leute geht. Es gibt keinen Input von unten nach oben, weshalb Veränderungen immer nur von der Chefetage angestoßen werden – in den Augen der MitarbeiterInnen im Allgemeinen komplett an der Arbeitswirklichkeit vorbei. So verwundert es nicht, dass von den hochfliegenden Plänen kaum etwas in die Tat umgesetzt werden wird. Stillstand ist die Folge und das überall dort, wo Veränderung so unbedingt nötig wäre, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Zynisch formuliert heißt das: Wenn nur noch ungelernte Humankräfte für Hilfsarbeiten benötigt werden, dann hat sich das Thema Fachkräftemangel erledigt!

Braindrain

Bedeutet wörtlich „Gehirnabfluss“ und meint den Verlust von Talenten oder Fachkräften in einem Staat oder einem Unternehmen durch Abwanderung in einen anderen Staat, ein anderes Unternehmen.