Verhaltensweisen der Kunden

 

Verhaltensweisen von Kunden erkennen.

Greifen wir noch einmal das Szenario mit dem eingerissenen Wischerblatt auf („Dumm gelaufen“). Wenn ein Auftrag nicht wie vereinbart erledigt wird, ist wohl jeder Kunde unzufrieden über die nicht erbrachte Dienstleistung. Wie wird er sich nun gegenüber dem Meister verhalten? Welche Verhaltensweisen halten Sie für wahrscheinlich?
Der Kunde beschwert sich lauthals über den Sauladen, in dem man nicht in der Lage ist, einfachste Aufträge auszuführen. Nach einer kurzen Explosion erwartet er, dass zügig eine Lösung gefunden wird, die nicht zu seinen Lasten geht. Der Kunde nimmt es leicht und erzählt, wie oft er schon in ähnlichen Situationen gewesen ist – sowohl als Kunde als auch als Mitarbeiter. Dann berichtet er Ihnen detailreich von seinem eigenen Arbeitsplatz und kuriosen Geschichten, die er dort erlebt. Nach einiger Zeit suchen Sie nach einem Vorwand, um das Gespräch zu beenden. Es wird vergessen, einen Folgetermin zu vereinbaren. Sie spüren die Enttäuschung bei dem Kunden, sie ist besonders in seiner Mimik zu erkennen. Dennoch bleiben die Tonlage und Lautstärke seiner Stimme beherrscht und freundlich. Sie haben den Eindruck, so schlimm war es dann doch nicht. Distanziert nimmt der Kunde die Information zur Kenntnis, erkundigt sich nach einigen Fakten zur Lebensdauer von Wischerblättern und der Liefersituation. Aufgrund der gegebenen Informationen schlägt er einen Termin für eine Folgereparatur vor. Obwohl er sich nicht lauthals beschwert, ist es ihm anzumerken, dass er nicht zufrieden ist.
Möglicherweise erleben Sie das eine oder andere hier beschriebene Reaktionsmuster häufiger als eines der anderen. Letztendlich lässt sich aber keine Verhaltensweise ausschließen. Warum nicht? Die psychologische Forschung beschreibt seit Jahrzehnten eine große Bandbreite von Verhaltensmustern bei Menschen. Um im Arbeitsalltag eine gewisse Verlässlichkeit im Umgang mit den verschiedenen Kundentypen zu erreichen, benötigt man ein einfaches und doch verlässliches Modell.
Daher stellen wir Ihnen an dieser Stelle das persolog® Persönlichkeits-Modell vor.
In diesem Modell werden zunächst zwei Grundfragen gestellt, um das Verhalten eines Menschen einschätzen zu können:

 

Wie nimmt er sein Umfeld wahr – stressig oder angenehm?
Wie reagiert er auf sein Umfeld – bestimmt oder zurückhaltend?

 

Woran kann man nun festmachen, welche Verhaltensweise von einem Menschen bevorzugt wird? Hierbei ist es hilfreich, als Erstes darauf zu achten, ob er sich bestimmt (D und I) oder zurückhaltend (S und G) verhält. Woran kann man das festmachen? Zeigt eine Person eine bestimmte Verhaltenstendenz, ist er direkt, kommt schnell zur Sache, ist eher gesprächig und spricht laut. Eine zurückhaltende Person zeichnet sich durch eine weiche, höfliche und leise Sprachweise aus. Sie braucht Zeit und spricht fragend. Hat man diese Einteilung in dominant oder initiativ bzw. stetig oder gewissenhaft vornehmen können, achtet man bei den bestimmten Verhaltensweisen auf folgende Punkte:

Ist er bestimmend und wetteifernd? Wirkt er verschlossen, emotionslos und resolut und hat dabei einen distanzierten Gesichtsausdruck? Konzentriert er sich auf „WAS“, auf die Ziele und Ergebnisse? Dann ist er ein Mensch mit einer dominanten Verhaltenstendenz. Ist er hingegen gesprächig und beeinflussend? Wirkt er offen, emotional, vielleicht auch unkonventionell und hat einen lebendigen Gesichtsausdruck? Konzentriert er sich auf „WER“ und ist um die Akzeptanz der anderen bemüht? Dann herrscht bei ihm die initiative Verhaltenstendenz vor. Ist bei der ersten Einschätzung ein eher zurückhaltender Typ wahrgenommen worden, können weitere Fragen zur Bestimmung der Verhaltenstendenz gestellt werden. Zeigt er ein mehr akzeptierendes Verhalten? Ist er mitfühlend, entspannt und eher zuhörend? Konzentriert er sich auf „WIE“ und orientiert sich an Sicherheit und Unterstützungsleistungen? Dann hat dieser Mensch eine eher stetige Verhaltenstendenz. Handelt es sich um eine gewissenhafte Verhaltenstendenz, wirkt er eher verschlossen, bewertend und nachdenkend? Er zeigt wenig Gestik und Mimik, orientiert sich an Richtlinien und Standards, wobei er sich distanziert und formal verhält. Seine wichtigste Frage ist „WARUM“. Da das Verhaltensprofil Ihrer Kunden so unterschiedlich sein kann, ist es empfehlenswert, zunächst einmal diese einfachen Fragen in Bezug auf jeden einzelnen Kunden neu zu klären. Hierfür brauchen Sie in der Regel nur wenige Momente. Lassen Sie sich von Ihrem Gefühl leiten. Möglicherweise ergeben sich im Laufe des Gesprächs neue Beobachtungen, die Ihre Einschätzungen verfeinern.

Es ergeben sich vier Verhaltensdimensionen, über die man
folgende Grundtypen definieren kann:

 

Wie können Sie dieses Wissen nun im Alltag im Kfz-Betrieb anwenden?

 

Nehmen wir einige typische Situationen und überlegen, wie man die dominante, initiative, stetige oder gewissenhafte Verhaltensweise eines Kunden identifizieren kann.

 

Terminvereinbarung am Telefon

Dominant: Er fragt nicht, ob er einen Termin für eine Inspektion bekommen kann, sondern sagt Ihnen, wann er seinen Wagen bei Ihnen abgibt. Er ist dabei direkt, wirkt kurz angebunden und unterbricht Sie schnell.

Initiativ: Er erzählt Ihnen zunächst etwas Privates, teilt Ihnen seine letzten Erfahrungen und Erlebnisse mit und vergisst darüber ganz den eigentlichen Grund seines Anrufes. Es kann durchaus sein, dass er sich erneut meldet, da er beim ersten Anruf vergessen hat, einen Termin zu vereinbaren.

Stetig: Er fragt freundlich und geduldig, wann es möglich wäre, an seinem Wagen eine Inspektion machen zu lassen. Weil er rücksichtsvoll ist, hat er großes Verständnis dafür, wenn seine Planungen an die Notwendigkeiten des Autohauses angepasst werden müssen.

Gewissenhaft: Er beschreibt detailreich und präzise die gewünschte Dienstleistung und gibt unaufgefordert die korrekten technischen Daten seines Fahrzeuges an. An kurzen Pausen im Gespräch ist ihm anzumerken, dass er über das Gesagte nachdenkt.

 

Wie er auf den Hof fährt und parkt

Dominant: Entweder fährt er direkt in die Werkstatthalle hinein oder aber parkt quer vor dem Haupteingang.

Initiativ: Er parkt in der Kundenzone vor dem Eingang, wahrscheinlich gelingt es ihm nicht, nur eine Parkbucht dafür in Anspruch zu nehmen – ist aber keine böse Absicht.

Stetig: Um niemanden zu behindern, parkt er auf der Straße und nimmt einen kleinen Fußweg in Kauf.

Gewissenhaft: Er parkt akkurat in einer dafür vorgesehenen Parkbucht. Mehrmaliges Vor- und Zurücksetzen sichert die korrekte Parkposition. Anschließend geht er um das Auto herum, um das korrekte Parken zu überprüfen. Nachdem er abgeschlossen hat, kontrolliert er, ob die Türen wirklich verriegelt sind.

 

Wie gibt er das Auto ab

Dominant: Er wirft Ihnen den Autoschlüssel mit der Bemerkung zu, er sei in Eile und hole den Wagen gegen 17.00 Uhr wieder ab.

Initiativ: Er berichtet Ihnen über die ungewöhnlichen Erlebnisse, die er mit anderen Verkehrsteilnehmern auf dem Weg zur Werkstatt hatte. Dann erklärt er wortreich, warum er das neue Modell, das er gerade im Verkaufsraum gesehen hat, so begeisternd findet. Im Zweifel hat er vergessen, seine Fahrzeugpapiere und seinen Führerschein mitzubringen.

Stetig: Er hat sich ruhig am Ende der Schlange angestellt. Nach 20 Minuten stellt sich heraus, dass dort der Ersatzteilschalter ist. Daraufhin reiht er sich geduldig in die wartende Schlange vor der Fahrzeugannahme ein und entschuldigt sich dann für die Verspätung.

Gewissenhaft: Er wird Sie zunächst darauf hinweisen, dass die Öffnungszeiten an der Eingangstür immer noch falsch sind. Sämtliche Unterlagen hat er bereits geordnet. Zur Sicherheit hat er Kopien gemacht. Den Kilometerstand hat er bis auf die Kommastelle auf den Unterlagen notiert.

 

Wie geht man mit Menschen um, die diese unterschiedlichen Verhaltensweisen zeigen?

Das Ziel ist Kundenzufriedenheit. Daher müssen die Bedürfnisse des Kunden wahrgenommen und zufriedengestellt werden.
So kommunizieren Sie mit den vier Grundtypen:

 

Anwendung in der Praxis

Stellen Sie sich vor, die eigentliche Inspektion ist bereits fertig und die Rechnung geschrieben. Nun kommt der Kunde, um das Fahrzeug abzuholen? Wie würden Sie ihm die Rechnung erklären?
Dominant: Kurz und knackig. Der Kunde mit einer dominanten Verhaltens-tendenz ist ergebnisorientiert und möchte deshalb nicht zu viele Details. Ihn interessiert, was gemacht wurde, ob alles erledigt wurde und welchen Betrag er zu zahlen hat.

Initiativ: Da er gerne mit Menschen im Kontakt steht, ist es wichtig, ihn erst einmal wahrzunehmen. Technische Details sind nicht so wichtig wie eine kurze und lebendige Geschichte, die den Nutzen der Dienstleistung hervorhebt. Bilder und Menschen sollten bei dieser Geschichte nicht zu kurz kommen.

Stetig: Ein Kunde mit stetiger Verhaltenstendenz schätzt es, wenn man ihm freundlich und in Ruhe erklärt, was am Fahrzeug repariert oder ausgetauscht wurde. Für ihn ist die Sicherheit ein wichtiger Aspekt, auf den man in den Erklärungen eingehen sollte. Das Angebot, jederzeit für Rückfragen zur Verfügung zu stehen, bindet ihn als Kunden.

Gewissenhaft: Bevor der Kunde das Fahrzeug abholt, sollte besonders darauf geachtet werden, dass sich weder inhaltliche, noch mathematische oder formelle Fehler in die Rechnungsaufstellung eingeschlichen haben. Ausführliche, detaillierte und systematische Erläuterungen des gesamten Vorgangs sind für diesen Kunden bei der Abholung wichtig. Es kann gut sein, dass er beharrlich nachfragt oder auch etwas besser weiß. Dabei ist es immer hilfreich, geduldig und höflich auf diese Wünsche einzugehen.

Serviceassistentin Ilona Iversen: „Kfz-Werkstatt Dietrichsen, was darf ich für Sie tun?“
Kundin Inge Illmann: „Ja, hallo. Ich habe ein Problem mit meinem Auto. Während der Fahrt entsteht bei einer bestimmten Geschwindigkeit bzw. auch auf Straßenunebenheiten ein komisches Geräusch. Ich kann mir das Ganze nicht
erklären.“ Im Laufe dieses Gespräches vereinbart die Serviceassistentin einen Termin mit der Kundin Inge Illmann für eine Probefahrt mit dem Meister,
damit dieser eine Diagnose machen kann. Inge Illmann nimmt sich am nächsten Tag die Zeit und fährt zur Kfz-Werkstatt.
Dort macht Meister Dietrichsen mit ihr eine Probefahrt, um das erwähnte
Geräusch vorzuführen. Ein weiterer Termin muss mit Frau Illmann vereinbart werden. Leider muss Inge Illmann beim zweiten Termin enttäuscht feststellen, dass der Meister, mit dem sie die Probefahrt gemacht hatte, gar nicht anwesend ist – er hat frei. „Blöd gelaufen“ sagt sich das Betriebsbüro; „Nie wieder!“ denkt Frau Illmann. Warum? Weil sie mit einem anderen Mitarbeiter nochmals eine Probefahrt machen muss, um diesem das Geräusch ebenfalls vorzuführen. Es wäre auch zu einfach gewesen, die Zeit der Kundin nur einmal in Anspruch zu nehmen und auch nur eine Probefahrt durchführen zu müssen. Warum einfach, wenn es auch umständlich geht?

Fazit: Inge Illmann ist natürlich verärgert. Wen wundert´s?

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