Soziogramm doch mal

Wenn wir uns einig sind, gibt es wenig, was wir nicht können. Wenn wir uneins sind, gibt es wenig, was wir können.
John F. Kennedy (1917-1963)

Das Soziogramm ist eine graphische Darstellung der Beziehungen innerhalb einer Gruppe. Je nachdem, ob eher ein gutes oder eher ein spannungsgeladenes Verhältnis zwischen zwei Mitarbeiter herrscht, werden verschiedenfarbige Pfeile verwendet; für freundschaftliche Beziehungen z. B. kann die Farbe Grün, für spannungsgeladene Rot genommen werden. Das Soziogramm hilft jedem, der Personalverantwortung trägt, Spannungen zu vermeiden, wenn es z. B. um die Einführung von Neuerungen geht. Ein Beispiel aus der Praxis soll das deutlich machen.

 

Eine Mitarbeiterin, die Karin genannt werden soll, muss noch sieben Jahre bis zur Rente arbeiten. Schon vor einigen Jahren erfolgte allerdings ihre innerliche Kündigung. Die hat sie äußerlich nicht vollzogen, wohl wissend, dass es in ihrem Alter sehr schwer ist, den Job zu wechseln. Unter den Mitarbeiter gibt es nur eine Kollegin, die sie sympathisch findet: Jana. Mit ihr kann sie sich über alles unterhalten. Im Laufe der Jahre entwickelte sich zu ihr ein Vertrauensverhältnis.

Anders dagegen steht es mit der Betriebsleiterin Sandra. Sie ist für Karin der fleischgewordene Hausdrache. Umgekehrt kommt die Betriebsleiterin auch nicht gut mit ihr aus. Regelmäßig treten Spannungen zwischen den beiden auf, die das Arbeitsklima negativ beeinflussen. Jana kann sich diese Differenzen nicht erklären, denn sie kommt mit beiden gut zurecht. Karin liebte ihren Job, doch seit Sandra im Betrieb ist, hat sich das geändert. Unkonzentriertheit und dadurch Fehler häufen sich bei Karin, die jeden Tag sehnsüchtig auf den Feierabend wartet. Auch zu den Kunden ist sie nicht mehr so freundlich, wie sie es früher einmal war. Sandra, der Betriebsleiterin, ist dies natürlich nicht verborgen geblieben. Bisher konnten Karins Fehler von den Kollegen ausgebügelt werden, doch sie wird langsam zu einer Belastung. Sandra kommt nicht an Karin heran. Karin empfindet jedes Gespräch, in dem Sandra auf das hinweist, was es zu verbessern gilt, als Kritik an ihrer Person und „macht zu“. Jana ist schon häufig aufgefallen, dass die beiden in solchen Momenten aneinander vorbeireden.

Was tun? Mitunter treffen Charaktere aufeinander, die augenscheinlich nicht kompatibel sind. Solche Bruchstellen lassen sich gut in einem Soziogramm ausmachen. Wie kann vermieden werden, dass Karin und Sandra immer wieder aneinander geraten, worunter die gesamte Firma leidet? Wie ist sichergestellt, dass Neuerungen, die von Sandra kommuniziert werden, auch von Karin umgesetzt werden? Die Idee des Soziogramms ist es, mögliche Konflikte visuell erkennbar zu machen, so dass diese gar nicht erst entstehen.

Wie sieht die praktische Anwendung aus, z. B. im Falle von Karin und Sandra? Im Soziogramm wird ein grüner Pfeil mit zwei Pfeilenden (gegenseitige soziale und emotionale Bindung) zwischen Karin und Jana gezeichnet. Dieselbe Verbindung besteht zwischen Sandra und Jana. Zwischen Karin und Sandra würde man allerdings einen roten Pfeil mit zwei Pfeilenden (gegenseitige soziale und emotionale Ablehnung) zeichnen.

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Will Sandra also, dass Karin aus dem „Motivationsloch“ kommt, sollte sie den direkten Weg vermeiden und den Weg über Jana wählen. Karin wird Jana aufmerksam zuhören, ihr glauben und sich anstrengen, weil sie Jana nicht enttäuschen möchte. Natürlich gilt dieselbe Vorgehensweise, wenn die Vorgaben noch „eine Etage höher“ ihren Ursprung haben, wenn also z. B. der Unternehmer von den Mitarbeiter eine Verhaltensänderung wünscht. So hilft das Soziogramm auch da Kommunikationskanäle zu finden, wo es sonst immer wieder zu Reibungsverlusten kommt oder sich sogar massive Störungen entwickelt haben. Das Soziogramm visualisiert Auswege in verfahrenen Situationen.

Ein etwas umfangreicheres Beziehungsgeflecht ist im Folgenden zu sehen. Es ist das Soziogramm für den ganzen 18-Mann-Betrieb, in dem die oben genannten Personen arbeiten.

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Es ist ausreichend, die wichtigsten Beziehungen im Unternehmen einzuzeichnen (wie im obigen Bild zu sehen ist), da sonst die Übersichtlichkeit verloren geht.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, die unterschiedlichen Teams mit ihren spezifischen Eigenheiten graphisch zu trennen und den jeweiligen Verantwortlichen in Beziehung zum Chef zu stellen. Zum Beispiel so:

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Dies wäre das Soziogramm für die Werkstatt. Mario ist der Werkstattleiter und damit der wichtigste Ansprechpartner für den Chef. Wenn die Beziehung, wie hier abgebildet, zwischen den beiden stimmt, kann der Chef immer direkt über Mario kommunizieren. Außerdem wäre es vorteilhaft, wenn Mario weiß, dass er bestimmte Dinge für Franz und Peter vielleicht besser über Knut kommuniziert.

Um noch mehr Übersichtlichkeit zu bekommen, wäre auch eine Konzentration auf die Beziehungen möglich, die durch eine gewisse Spannung gekennzeichnet sind. Nicht vorhandene Pfeile sind dabei als spannungsfreie zwischenmenschliche Beziehungen zu werten. Zum Beispiel so:

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Was auch immer die beste Variante ist, das Soziogramm ist ein unerlässliches Tool zur effektiven Mitarbeiterführung und absolut unverzichtbar zur Teambildung.

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