Motivation – jeder hat nur seinen eigenen Motor

Eine mächtige Flamme entsteht aus einem winzigen Funken. Dante Alighieri (1265-1321)

Beim Thema Mitarbeiter-Führung gibt es in nahezu allen Ratgebern ein eigenes Kapitel zum Thema „Motivation“. Kein Wunder, dass in den Seminaren, die im Rahmen des PiK-Projekts zur Mitarbeiter-Führung veranstaltet wurden, bei der zu Beginn gestellten Frage, was die Führungskraft als besonders wichtig ansieht, was sie vom Seminar erwartet, praktisch immer die Antwort kam: „Ich möchte mir hier Tipps holen, wie ich meine Leute besser oder überhaupt motivieren kann.“

 

Es ist zweifellos ein schönes Erlebnis für jemanden, der Personalverantwortung trägt, mit „seiner“ motivierten Truppe zusammen zu arbeiten, sie womöglich sogar weiter zu entwickeln. Wie ist das aber überhaupt möglich, das Engagement seiner MitarbeiterInnen zu fördern? Einige wichtige Hinweise sind in diesem Buch bereits gegeben worden, wie z. B. eine offene Kommunikation zu pflegen, was das Führen regelmäßiger Mitarbeiter-Gespräche einschließt, und das Bemühen mit Hilfe eines Soziogramms (siehe Seite 81) die einzelnen Teammitglieder so zusammen zu stellen, dass sich die individuellen Stärken möglichst ergänzen, gar potenzieren.

Das Thema „Motivation“ ist von seinem Wortursprung her dem Kfz-Gewerbe sehr nahe. Das lateinische „motus“ ist die Basis für das deutsche Wort Motor. Es bedeutet soviel wie „Bewegung“, kann aber auch im Sinne von „das, was bewegt, antreibt“ gebraucht werden. Die Tatsache, dass es das ist, was eine Person in sich besitzt und sie dann handeln lässt, ist entscheidend. Niemanden überrascht die Feststellung: Autos fahren mit dem eigenen Motor. Bei der Motivation aber wird in populären Ratgebern immer wieder so getan, als könnten Menschen Motoren für andere sein. Gerade Führungskräfte, die diese Anforderung an sich stellen, werden mindestens verlangsamt werden, wie es immer der Fall ist, wenn ein Fahrzeug ein anderes schleppen muss. Viel häufiger allerdings wird derjenige, der immer Motor für andere sein will, seinen eigenen Motor durch Überlastung schädigen. Dieses Bild lässt geradezu zwangsläufig ein neues entstehen, das die Folgen von Überforderung plastisch verdeutlicht: Burnout.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet ergibt sich die Schlussfolgerung, dass es generell unmöglich ist, einen Menschen zu etwas zu motivieren, wozu derjenige weder einen Wunsch verspürt noch einen Sinn oder eine Notwendigkeit sieht. Natürlich bleiben der Führungskraft noch gewisse Machtmittel, um Zwang auszuüben; starke Kontrolle, Abmahnung, Drohung des Verlustes des Arbeitsplatzes. Allerdings verbietet es sich, in einem solchen Fall von Motivation in einem positiven Sinne zu sprechen.

Bedeutet das nun, dass Führungskräfte alles hinnehmen müssen, wenn es um „ihr“ Personal geht, im Sinne von „Ich hab nun mal solche Leute, ich kann mir keine anderen schnitzen“? Eine solch deprimierte Äußerung kann einem schon mal über die Lippen kommen, es gibt aber sehr wohl Möglichkeiten, gewünschte Veränderungen herbeizuführen, Menschen zu bewegen, ohne ständig auf Zwangsmaßnahmen zurück greifen zu müssen. Das allerdings fordert von der Führungskraft, sich mit der Person/den Personen, für die sie Verantwortung hat, zu beschäftigen, um herauszufinden, was für eine Motivation bei dem Einzelnen vorhanden ist. Eines ist nämlich in diesem Zusammenhang zu betonen: Jeder Mensch ist grundsätzlich motiviert (wenn dauerhaft keinerlei Motivation vorhanden ist, dann ist der Mensch sehr ernsthaft krank und benötigt medizinische Hilfe). Wie es beim Motor aber auch verschiedene „Bedürfnisse“ gibt, damit er gut läuft, der richtige Kraftstoff, das richtige Öl bspw., so stellen auch Menschen unterschiedliche Anforderungen, wenn es um ihren Antrieb geht. Es geht für Führungskräfte also darum, die bei den MitarbeiterInnen vorhandenen Motivationen zu fördern. Dafür müssen diese natürlich erst einmal erkannt werden.

Eine Hilfe individuelle Antriebe besser zu erfassen, liefert wieder das schon besprochene persolog® Persönlichkeits-Profil. Bei dominanten und gewissenhaften Menschen werden eher Aufgaben vorhandene Motivationen fördern, bei initiativen und stetigen Menschen sind es vor allem andere Menschen. Dominante Menschen mögen den Wettbewerb, der ihnen die Möglichkeit gibt, Erfolge zu erzielen, sie gehen gerne voran, sind Pioniere, die besondere Freude daran finden, „gordische Knoten“ zu durchschlagen, verfahrene Situationen zu lösen. Initiative Menschen sind begeistert, wenn es neue Projekte gibt, für die andere Menschen gewonnen werden müssen. Stetige dagegen sind Freunde des Bestehenden. Ihre Motivation ist Kontinuität, das beständige Arbeiten in gewohnter Umgebung, mit den gewohnten Teammitgliedern in gewohntem Tempo. Schnelle Veränderungen hemmen sie eher, als dass sie sie antreiben, wie das bei Personen mit einem Schwerpunkt im dominanten oder initiativen Persönlichkeitsmerkmal der Fall ist. Gewissenhafte Menschen bewegen sich gerne in einem Umfeld, das durch klare Richtlinien und Regeln geordnet ist. Werden ihnen neue Aufgaben gestellt, dann benötigen sie Details. Ihrer Motivation entspricht es, den höchstmöglichen Qualitätsstandard zu erreichen. Dies sind – natürlich nur kurz angerissen – einige Unterschiede, was die vorhandenen Motivationen der verschiedenen Persönlichkeitstypen betrifft. Das ist, wie schon im Einführungskapitel zum persolog® Persönlichkeits-Profil erwähnt, eine grobe Unterteilung. Eine detailliertere Auflistung zu dem, was der Motivation der Menschen mit D-, I-, S- oder G-Merkmal entspricht, findet sich am Schluss des Kapitels.

Führungskräfte sind gefordert, sich mit den einzelnen Personen ihres Teams zu befassen. Zwar ist es unmöglich einen Menschen zu motivieren, aber es ist möglich, vorhandene Motivationen zu fördern. So paradox es klingen mag: Die Führungskraft, die nichts tut, hat auch einen Einfluss auf die vorhandene Motivation der MitarbeiterInnen – natürlich einen negativen. Da ist es doch sehr viel angenehmer, mit einem motivierten Team zusammen zu arbeiten, bei dem jeder aus eigenem Antrieb handelt, sozusagen mit eigenem Motor in die gewünschte Richtung fährt.

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