Emotionale Mitarbeiterbindung –

der Erfolgsfaktor

Führungskräfte haben die Schlüsselrolle

MitarbeiterInnen, die mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache sind, sind ein Glücksfall für Unternehmen. Laut dem Gallup Engagement Index haben jedoch nur 15% der Beschäftigten eine solche „emotional hohe Bindung“ an ihren Arbeitgeber. Kündigen MitarbeiterInnen, so liegt dies fast immer am Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten. Was also können Führungskräfte tun, um die emotionale Bindung ihrer MitarbeiterInnen ans Unternehmen zu stärken?

Eine schlechte Nachricht vorweg: Beim Thema Mitarbeiterbindung treten die Unternehmen in Deutschland seit Jahren auf der Stelle. Dies belegt der aktuelle Gallup Engagement Index (s. Abb. 1). Seit 2001 misst die repräsentative Studie Jahr für Jahr anhand der so genannten Q12®1, inwieweit die wichtigsten Bedürfnisse der Beschäftigten im Arbeitsalltag erfüllt werden, und bestimmt auf dieser Basis den Grad der emotionalen Bindung. Der Anteil der Beschäftigten mit hoher emotionaler Bindung stagniert bei 15%. Ein ebenso hoher Prozentsatz hat bereits innerlich gekündigt – und schädigt durch sein Verhalten das Unternehmen. 70% der Beschäftigten sind „emotional gering gebunden“ und machen lediglich Dienst nach Vorschrift. In den deutschsprachigen Nachbarländern sieht es ähnlich aus: So sind in Österreich gerade einmal 11% und in der Schweiz 13% der Beschäftigten „emotional hoch gebunden“ (s. Abb. 2).

Abb. 1: Laut dem Gallup Engagement Index treten die Unternehmen in Deutschland beim Thema Mitarbeiterbindung seit Jahren auf der Stelle.
Abb. 2: Der Anteil von Mitarbeitern mit hoher, geringer sowie ohne Bindung ist über alle drei deutschsprachigen Länder hinweg ähnlich.

Engagement aus freien Stücken

Emotionale Bindung impliziert die Bereitschaft der MitarbeiterInnen, sich aus freien Stücken für den Arbeitgeber einzusetzen. Je größer die Anzahl der „gebundenen“ Personen, desto leistungs- und wettbewerbsfähiger das Unternehmen. Das verdeutlicht auch die aktuellste Gallup-Metaanalyse. Für sie wurden zwischen 2013 und 2015 1,9 Millionen MitarbeiterInnen in 230 Unternehmen aus 49 Branchen und 73 Ländern befragt. Die Analyse verknüpft die Daten der Befragungen mit „harten“ Kennzahlen und zeigt den Einfluss der emotionalen Mitarbeiterbindung auf Faktoren wie Kosten und Wachstum. So ist beispielsweise in Arbeitsgruppen mit hoher emotionaler Bindung die Fehlzeit um 41% geringer als in solchen mit niedriger emotionaler Bindung (s. Abb. 3). Die volkswirtschaftlichen Kosten mangelnder Mitarbeiterbindung belaufen sich hierzulande auf 292,6 bis 352,9 Milliarden Euro jährlich. Die gute Nachricht: Es gibt äußerst effektive Maßnahmen, um die emotionale Mitarbeiterbindung zu stärken.

Mitarbeiterbedürfnisse erfüllen, Fluktuation vermeiden

Fluktuation hat bekanntlich viele negative Auswirkungen auf die Unternehmen: MitarbeiterInnen, die gehen, nehmen Erfahrung, Know-how und wichtige Kontakte mit. Außerdem leiden Betriebsklima und Kundenbeziehungen. Da Fachkräfte immer schwerer zu finden sind, müssen Unternehmen viel Geld ins Recruiting investieren. Aber auch die Einarbeitung neuer ArbeitnehmerInnen ist mit Kosten verbunden. Emotionale Mitarbeiterbindung wirkt hier wie eine Schutzimpfung: Die Wahrscheinlichkeit, dass MitarbeiterInnen mit hoher emotionaler Bindung ihr Unternehmen kurzfristig verlassen, ist sehr gering. 93% der hoch gebundenen MitarbeiterInnen äußern explizit die Absicht, auch in einem Jahr noch bei derselben Firma tätig zu sein, bei den MitarbeiterInnen ohne emotionale Bindung sind es lediglich 26%. Je höher die emotionale Bindung, desto größer ist außerdem die Bereitschaft der ArbeitnehmerInnen, die eigene Firma quasi als MarkenbotschafterIn weiterzuempfehlen. So würden 78% der emotional hoch gebundenen, aber nur 2% der nicht gebundenen ArbeitnehmerInnen Freunden und Familie ohne Wenn und Aber raten, in ihrem Unternehmen tätig zu werden. Solche Botschaften aus dem direkten Umfeld sind glaubwürdiger und daher besonders erfolgversprechend. Gallup-Untersuchungen belegen regelmäßig, dass scheidende MitarbeiterInnen weniger ihr Unternehmen als vielmehr ihre Vorgesetzten verlassen. So kann sich jede/r Zweite von ihnen vorstellen, wieder für den ehemaligen Arbeitgeber zu arbeiten – allerdings unter einer neuen Chefin oder einem neuen Chef. Auch beim Vergleich zwischen Wechselwilligen und Nicht-Wechselwilligen anhand von 19 Kriterien zeigt sich der größte Unterschied bei der Zufriedenheit mit der direkten Führungskraft. Auf einer 5-Punkte-Skala (5 = äußerst zufrieden) lag die Zufriedenheit der Wechselwilligen mit der/dem Vorgesetzten bei einem Wert von 2,88, die der Nicht-Wechselwilligen hingegen bei 3,93.

Emotionale-Bindung-Abb3

Das eigene Führungsverhalten reflektieren

Die meisten Firmen unternehmen große Anstrengungen, um ihre MitarbeiterInnen zu halten und zu binden, doch häufig setzen sie an der falschen Stelle an. Zwar spielen Einkommen, Sozialleistungen, flexible Arbeitszeit oder Urlaubstage durchaus eine wichtige Rolle für die Arbeitgeberattraktivität, auf die emotionale Bindung der MitarbeiterInnen und damit auf die Motivation bei der Arbeit haben sie aber kaum Einfluss. Fünfmal so wichtig wie das Gehalt ist gemäß unseren Daten „die Möglichkeit, das zu tun, was man richtig gut kann.“ Ganz oben auf der Relevanzliste stehen außerdem Führungsqualität, eine herausfordernde, abwechslungsreiche, als sinnvoll empfundene Tätigkeit sowie ein gutes Verhältnis zu den Kollegen. Emotionale Bindung entsteht folglich im unmittelbaren Arbeitsumfeld – und der/die direkte Vorgesetzte hat dabei den Hebel in der Hand. Nicht einmal jede fünfte Arbeitnehmerin/jeder fünfte Arbeitnehmer (21%) ist aufgrund der am Arbeitsplatz erlebten Führung dazu motiviert, „hervorragende Arbeit zu leisten“. Ein ebenso hoher Prozentsatz hat im vergangenen Jahr darüber nachgedacht, wegen seines/seiner direkten Vorgesetzten zu kündigen (18%). Insgesamt hatten zwei von drei ArbeitnehmerInnen (69%) im Laufe ihres Arbeitslebens mindestens einen schlechten Chef oder eine schlechte Chefin. Die Selbstwahrnehmung der Führungskräfte ist jedoch eine gänzlich andere: 97% schätzen ihre Führungsqualitäten positiv ein. Damit Führungskräfte wissen, wie sie tatsächlich wirken, ist Feedback von Seiten der MitarbeiterInnen das A und O. Im ersten Schritt müsste die Führungsqualität hier systemisch erfasst werden – denn nur das, was sich messen lässt, lässt sich auch managen.

Durch Dialog die Arbeitsleistung verbessern

Gallup-Untersuchungen belegen, dass der kontinuierliche Dialog zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn einer der wichtigsten Hebel ist, um die emotionale Bindung zu erhöhen. 63% der emotional gebundenen MitarbeiterInnen stimmen der Aussage uneingeschränkt zu, dass sie in den letzten sechs Monaten Rückmeldung zu ihrer Arbeitsleistung bekommen haben. Es überrascht nicht, dass es bei den emotional nicht Gebundenen gerade einmal 3% sind. Insgesamt hatten vier von zehn ArbeitnehmerInnen (44%) hierzulande in den letzten zwölf Monaten gar kein Gespräch über ihre Leistung bei der Arbeit. Nur ein verschwindend geringer Teil (14%) befindet sich über das Jahr hinweg in regelmäßigem Austausch mit ihrer/seiner Führungskraft. Feedback ist jedoch nicht nur eine Frage der Quantität. Selbst dort, wo Mitarbeitergespräche stattfinden, verfehlen sie häufig ihr Ziel. Laut dem Engagement Index stimmen nur knapp vier von zehn Beschäftigten (38%) der Aussage, „die Rückmeldung, die ich zu meiner Arbeit bekomme, hilft mir, meine Arbeit besser zu machen“, vollständig zu. Führungskräfte sollten sich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und deren Arbeit auseinandersetzen, regelmäßig konstruktives, sachorientiertes Feedback geben und klären, wie eine Unterstützung durch die Führungskraft oder eine andere Person im Unternehmen aussehen kann.

Lob konkret und zeitnah formulieren

Lob und Anerkennung steigern nachweislich die Mitarbeiterbindung. So stimmen 72% der emotional hoch gebundenen MitarbeiterInnen der Aussage, „Ich habe in den letzten sieben Tagen für gute Arbeit Anerkennung und Lob bekommen“, uneingeschränkt zu. Bei den emotional nicht gebundenen Angestellten liegt dieser Wert bei nur 2%.

Lob sollte stets ernst gemeint, konkret formuliert und an ein bestimmtes Ereignis gebunden sein. Zudem sollte es zeitnah erfolgen und zeigen, dass sich die/der Vorgesetzte mit seinem/ihrem/seiner/ihrer MitarbeiterIn* und dessen/deren Arbeit auseinandergesetzt hat.

Werden diese Punkte beachtet, so verstärkt Lob jene Verhaltensweisen, die zum Erfolg führen. Führungskräfte sollten zudem herausfinden, welches die individuellen Stärken sind, die zum Erfolg geführt haben. Dies hilft den MitarbeiterInnen unter anderem, die eigenen Stärken zu identifizieren. Genaues Hinsehen, Hinhören sowie gezieltes Fragen des/der Vorgesetzten können hier…

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Autor-Marco-Nink

Marco Nink

Marco Nink ist Regional Lead Research and Analytics EMEA bei Gallup und ist für die Gallup-Studie „Engagement Index“ verantwortlich. Zunächst als Projektmanager und Research Director bei Gallup tätig, berät er seit 2002 Unternehmen vor allem in Fragen des Personal-, Kunden- und Lieferantenmanagements. Er verantwortet die Forschungs- und Analyse-Aktivitäten von Gallup in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika.