Treue Gäste – loyale MitarbeiterInnen in einem Hotel auf Sylt

Interview mit Dirk Erdmann, Hotel Rungholt, Kampen

Wie viele Ihrer Gäste sind Wiederholungstäter?

Stammgäste sind nach unserer Definition diejenigen, die einen zweiten Besuch in unserem Haus machen. Das klingt zunächst ein wenig komisch, aber eine andere Definition kommt für uns nicht infrage! Auf jeden Fall kommen etwa 70% unserer Gäste wieder, ein schöner Wert, über den wir uns freuen.

Was sind die Gründe dafür, dass das Rungholt so viele Gäste nicht nur einmal begrüßt?

Die Stammgäste kommen aus verschiedenen Gründen, nicht alle diese Gründe kenne ich. Was ich aber weiß: Sie wollen das wiederfinden, was sie beim ersten Besuch erlebt haben. Dies ist z.B. das Familiäre, der persönliche Umgang mit unseren Gästen. Meine Frau und ich bemühen uns darum, das täglich gegenüber möglichst vielen zu zeigen. Aber in einem noch größeren Maße wird diese sehr persönliche Art des Eingehens auf individuelle Wünsche von unserem hervorragenden Team gelebt. Es ist verantwortlich für die sogenannte „Guest Relation“ und damit dafür…

Sie sprechen das Familiäre an. Gleichzeitig führen Sie ein Hotel der gehobenen Kategorie. Wie gelingt es, dies beides zusammenzubringen?

Ja, wir sind ein Hotel der gehobenen Kategorie, aber wir streben nicht nach der Perfektion, der Makellosigkeit der Fünf-Sterne-Plus-Klasse. Der Gast soll sich selbstverständlich wohlfühlen, wofür wir alles uns Mögliche tun wollen. Gleichzeitig sind wir ein familiengeführtes Haus, das auf eine über einhundertjährige Tradition zurückblickt, was übrigens dazu führt, dass wir Neuerungen nur in homöopathischen Dosen vornehmen. Es geht uns vorrangig also nicht um das äußerlich Perfekte, sondern darum, den Gedanken des persönlichen Kontakts zu den Gästen zu kultivieren. Mit diesem Ansatz binden wir ein, wie schon erwähnt, sehr treues, aber auch – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – sehr pflegeleichtes Publikum. In den vergangenen Jahren haben wir viele langjährige Stammgäste geehrt…

Was wiederum, wie Sie schon erwähnten, zu einem guten Teil auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuzuschreiben ist. Was macht das Rungholt-Team besonders?

Wir haben das Glück, dass wir auf der Abteilungsleiterebene sehr engagierte MitarbeiterInnen haben. Das zieht sich bis zu unserem Hausmeister durch, der, ich möchte es mal so formulieren, den Gute-Laune-Gedanken lebt. Ich bin natürlich von der Wichtigkeit von Kompetenz überzeugt, aber ich sage auch, dass die Freude an der Arbeit noch wichtiger ist. Ein befreundeter Hotelier berichtete mir einmal davon, dass es ihm gelang, ein fachliches Dream-Team zusammenzustellen. Sie konnten den Gästen…

Wie vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern Ihre Vision von Gastlichkeit?

Dem Rungholt-Team vermitteln wir unsere Vision von Gastlichkeit vor allen Dingen durch den persönlichen Kontakt mit unseren MitarbeiterInnen, indem wir zum Beispiel sehr regelmäßig Treffen und Besprechungen durchführen. Entscheidend ist jedoch, dass wir versuchen, unsere Vision von Gastlichkeit vorzuleben. Das große Glück unseres Familienunternehmens ist…

Wie finden Sie solche Perlen?

Der Prozess, die richtigen MitarbeiterInnen zu finden, war lang, und das Ganze bleibt ständig eine intensive und aufwendige Aufgabe. Wie nahezu alle anderen Branchen haben auch wir Mühe, neue MitarbeiterInnen zu gewinnen. Das ist schon mal demografisch bedingt. Die Berufsschulklassen – das sehe ich mit eigenen Augen – haben sich bei der Zahl der Schüler halbiert. Dazu kommt noch, dass wir in unserer Branche auch mit anderen EU-Staaten in einem direkten Wettbewerb um Personal stehen. Um ein Beispiel zu nennen…

Also wirklich eine Suche über die Grenzen Deutschlands hinaus.

Ja, sicher. Aber wir sind nicht nur in der weiten Welt auf der Suche nach Perlen, wie Sie sie in der vorherigen Frage genannt haben. Wir schaffen auch Möglichkeiten, junge Menschen hier von der Insel schon früh mit unserem Haus bekannt zu machen. Im Rungholt veranstalten wir regelmäßig ein Knigge-Essen, bei dem SchülerInnen einer 9. oder 10. Klasse eine kleine Führung durch das Haus erhalten, inklusive eines kurzen Blicks auf unsere Geschichte. Dann gibt es ein Menü für die SchülerInnen, bei dem wir ihnen die Benimmregeln nahezubringen…

Bindung bedeutet also in diesem Fall nicht nur Bindung an Menschen, sondern auch an die Region?

Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Wir möchten als Teil der Insel wahrgenommen werden, denn als solchen sehen wir uns – als Teil der Inselgemeinschaft. Unser Leitbild, das durch Respekt und Achtsamkeit charakterisiert ist, soll nicht nur gegenüber den Gästen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelebt werden, sondern auch gegenüber der Insel und ihren BewohnerInnen. Wir sind ein Element dieses komplexen Gebildes namens Sylt und wissen, dass wir nicht existieren können, ohne uns als Teil dieser Gemeinschaft der Einheimischen zu sehen. Diese Bindung an das hier bestehende Netz aus Menschen mit verschiedenen Standpunkten, Interessen und Funktionen ist absolut wichtig, da man sich ja mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur einmal über den Weg läuft. Aus diesem Grund werde ich zwar meine Meinung zu den verschiedenen Themen, die die Insel betreffen, klar äußern, aber gleichzeitig suche ich, soweit es von mir abhängt, den Konsens.
Und noch etwas, das mit der Bindung an die Insel mit ihrem hohen Erholungswert zu tun hat: Wir bemühen uns darum, dieses fragile ökologische Gebilde zu schützen. Deshalb sind jetzt aktuell zwei Ladesäulen für E-Fahrzeuge auf unserem Parkplatz installiert worden…

Mit Bezug auf Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Jemanden zu finden, der gut ins Team passt, ist ja nur das eine. Das andere ist, diese wertvollen Kräfte im Unternehmen zu halten. Wie gelingt Ihnen das?

Da heißt es, kreativ zu sein. Auch hier wieder ein Beispiel. In Deutschland fehlen in der Gastronomie etwa 40.000 Köche. Wir haben hier im Haus sieben Köche. Die kann ich dadurch halten, dass ich Zugeständnisse bei der Arbeitszeit mache. Dass wir die Arbeit so organisieren, dass bei uns vergleichsweise…

Woran denken Sie dabei?

Ich will mich im Verhältnis zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeden Tag darum bemühen, dass sie mein ernstes Interesse an ihnen spüren. Ich will deutlich machen, dass ich hinter ihnen stehe in den Dingen, die sie machen, und mich vor sie stelle, wenn Gäste mal…

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Autor Dirk Erdmann

Dirk Erdmann

Dirk Erdmann ist Inhaber des Hotel Rungholt in Kampen auf Sylt. Er hat dieses traditionsreiche Familienunternehmen 1994 von seinen Eltern übernommen. Dirk Erdmann engagiert sich seit vielen Jahren als Gemeindevertreter der Gemeinde Kampen sowie im Aufsichtsrat der Sylt Marketing Gesellschaft.