Die unglaubliche Geschichte der Kundenzufriedenheit
Wenn Sie dieser Aussage zustimmen können, aber kein weiteres Interesse an historischen Anekdoten zu dem Thema Kundenzufriedenheit haben, können Sie gerne auf Seite 19 vorblättern. Sollten Sie es vorziehen, überhaupt nicht zu lesen, empfehlen wir die vier Comics, die in dieses Buch integriert sind.
Nun zur Geschichte. Eine der ältesten Gesetzessammlungen ist der sog. Codex Hammurapi. Dieser wurde nach einem großen babylonischen Herrscher (ca. 1792 – 1750 v. Chr.) benannt. Im Paragraphen 229 heißt es: „… wenn ein Baumeister einem Bürger ein Haus baut, aber seine Arbeit nicht solide ausführt, so dass das Haus einstürzt, und er den Tod des Eigentümers herbeiführt, so wird dieser Baumeister getötet.“ Was kann man daraus schließen?
Zum einen scheint es mit der Bauqualität im alten Babylon nicht so weit her gewesen zu sein. Und zum anderen waren die Bürger, deren Häuser einstürzten, in diesem Fall wohl eher ihre Erben, nicht zwangsläufig zufrieden mit der gelieferten Dienstleistung. Gleichzeitig kann man das tiefe Sehnen nach Kundenzufriedenheit daraus herleiten, dass man durch geeignete Gegenmaßnahmen (hier das Töten des Baumeisters) für eine Hebung des Standards sorgen wollte.
Diese Geschichte kann grundsätzlich auf das Thema Kundenzufriedenheit im Kfz-Gewerbe übertragen werden. Nur wenige Kunden werden Verständnis dafür aufbringen, wenn ihr Fahrzeug nach einer Inspektion keine Bremswirkung zeigt. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen (Todesstrafe muss zum Glück nicht mehr befürchtet werden) führt eine ungenügende Dienstleistung zwangsläufig zum Verlust der Kundenbeziehung. Und es sei angemerkt, dass es nicht genügt, an irgendwelchen Details im Annahmeprozess zu feilen, wenn die Werkstatt nicht in der Lage ist, eine fehlerfreie Arbeit abzuliefern.
Geht man in der Menschheitsgeschichte noch weiter zurück und landet bei dem ersten dokumentierten Ehepaar, nämlich Adam und Eva, so gibt es eine weitere Lehrstunde zum Thema Kundenzufriedenheit. Zunächst einmal konnten sie Mein und Dein nicht recht unterscheiden, was auch heute noch eine gewisse Distanz zu Kunden aufkommen lässt. Zudem war der „Kunde“ auch noch der Allmächtige selbst. Anstatt den Fehler uneingeschränkt zuzugeben, verlegte sich Adam darauf, Gott zu erklären, dass es da ein innerbetriebliches Problem gegeben habe, nämlich die schlecht geschulte Eva, die bei diesem Test durchgefallen war. Am Ende war sogar der „Kunde“ selbst schuld.
Dieses adamische Reaktionsmuster ist auch heute noch landauf, landab im Kfz-Gewerbe zu finden. Statt sich bei einer Schlechtleistung vor dem Kunden aufrichtig zu entschuldigen und Besserung zu geloben, vielleicht sogar durch ein Incentive eine Wiedergutmachung zu versuchen, wird dem Kunden erklärt, wie unfähig ein Mitarbeiter des Hauses war. Und weil die meisten Mitarbeiter das nicht auf sich sitzen lassen wollen, war es letztendlich der Lehrling im ersten Jahr, der den Bockmist verzapft hat. Eine Alternative hierzu: Da der Kunde bei der Annahme keine präzise Beschreibung des Fehlers gemacht hat, ist er letztlich selbst schuld, eine Schlechtleistung erhalten zu haben.
Ein Blick auf die Blütezeit des römischen Reiches zwingt einem einen weiteren Vergleich zum Kfz-Gewerbe auf: Im Jahr 64 unserer Zeit brannte ein Großteil der Stadt Rom nieder. Zumindest kam es dem damaligen Herrscher Nero nicht ungelegen, dass das – aus seiner Sicht – zum Teil schäbige Stadtbild verschwand. Erst einmal musste ein Schuldiger gesucht und gefunden werden. Für den grandiosen Aufbau einer neuen Stadt mit breiteren Straßen und imposanteren Gebäuden sollten dann gerne andere bezahlen.
O.K., an dieser Stelle bewegt man sich haarscharf an der Grenze zu einer Unterstellung, wenn man nunmehr eine Parallele zu dem Verfahren von Herstellern zieht. Zweifellos sind jedoch den Herstellern die meisten Autohäuser viel zu spießig. Es könnte gerne größer und teurer sein. Granit, Chrom, Glas und weitere edle Materialien sind wünschenswert. Und wer hat schuld daran, dass alles neu muss? Natürlich der Kunde, der mag diese „geschmacklosen“ Altbauten kaum noch betreten. Herausgefunden hat das natürlich eine repräsentative Umfrage. Wurde mit dieser Idee erst einmal „gezündelt“, bekommt der Händler vor Ort die „Flammen“ der Standards nicht mehr gelöscht. Wer zahlt am Ende für den grandiosen Neu-Aufbau? Alle, aber zumeist nicht der Hersteller.
Eine objektive Betrachtung dieses Szenarios könnte den geneigten Leser auf einen anderen Lösungsweg führen. Zunächst einmal ist es hilfreich, herauszufinden, wieviel Luxus die Mehrheit der Kunden des örtlichen Händlers wirklich wünschen. Dieses kann nach der geografischen Lage und der Zielgruppe durchaus variieren.
Sollte es dennoch keine Alternative zu einem eleganteren und teureren Ambiente geben und sollte der Hersteller keine relevanten Zuschüsse zu dem Projekt beisteuern, dann liegt es zumindest in seiner Verantwortung, für ein betriebswirtschaftlich auskömmliches Finanzierungsmodell und eine mittelfristig verlässliche Vertragsbindung zu sorgen.
Spricht man über das römische Reich, fällt natürlich auch der Name Verleihnix, der Fischhändler aus Asterix und Obelix. „Mein Fisch stinkt nicht!“ ist sicherlich sein berühmtester Satz. Ohne Frage sind die Autoren des vorliegenden Buches dabei einer fiktiven und nicht historischen Figur aufgesessen. Asterix und Obelix haben eben Spuren in der Kindheit hinterlassen. Sollte das auch bei Ihnen der Fall sein, werden Sie mit besonderem Vergnügen die Comics in diesem Buch lesen. Die Lehre für das Kfz-Gewerbe ist klar: Nur davon zu reden, wie gut die eigene Dienstleistung sei, bringt nichts. Der gesamte „Kühlungsprozess“ muss sichergestellt werden. Im Kfz-Gewerbe heißt das: Alle von uns benannten Service-Prozesse (ab Seite 19) müssen eingehalten werden, damit der Kunde zufrieden ist.
Zurück in die Historie: Beispiele, bei denen die Auftraggeber mit der Leistung „äußerst“ zufrieden waren, sind heute als kulturelle Denkmäler bekannt: die Pyramiden von Gizeh, die Chinesische Mauer, antike Tempel, Paläste und Amphitheater und was sich sonst noch auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes befindet. Diese sind ein Beweis dafür, dass Qualität nicht nur die Auftraggeber zufriedenstellt, sondern auch Jahrhunderte überdauern und begeistern kann.
Selbst wenn man alles getan und den Service-Prozess fehlerfrei zu Ende gebracht hat, bleibt dann und wann der frustrierende Eindruck, dem einen oder anderen Kunden nicht gerecht werden zu können. Auch diese Erkenntnis ist nicht neu. Die großen Denker der Menschheit haben von jeher immer wieder Verhaltens- oder Persönlichkeitsmodelle erstellt, die die verschiedenen Bedürfnisse von Menschen erklärbar machen sollten. Einer von ihnen war Platon (400 v. Chr.). Er teilte die Menschen nach Begierde (Epithymia), Wille (Thymos) und Vernunft (Logistikon) ein. Ähnliches wurde auch von Aristoteles (350 v. Chr.) vorgenommen: Anima Vegetativa, Anima Sensitiva und Anima Rationales. Eine besonders schöne und verständliche Einteilung von Persönlichkeiten nahm Pestalozzi im Jahr 1786 n. Chr. vor. Er unterteilte das Verhalten der Menschen in Herz, Hand und Kopf. Ab Seite 33 wird Ihnen ein sehr alltagstaugliches Modell vorgestellt, welches von großem Nutzen bei der Bedürfnisermittlung Ihrer Kunden sein wird.
Auch die neuzeitliche Wirtschaftsgeschichte hält eindrucksvolle Beispiele für das Scheitern bei der Kundenzufriedenheit bereit. Als Resultat haben viele industrielle Produzenten und Dienstleister den Kunden zu einem Prozess reduziert, in dem seine Bedürfnisse der Gewinnmaximierung gegenüber stehen. So wird bei mancher Versicherung zunächst einmal das subjektive Gefühl von Sicherheit geweckt (Vertragsabschluss). Im Schadensfall sind die Kunden dann regelmäßig darüber enttäuscht, dass nach Ausflüchten gesucht wird, um den Schaden nicht zu regulieren.
Andere Branchen setzen flächendeckend Callcenter ein, deren Hauptzweck es zu sein scheint, den Kunden so zu frustrieren, dass er seine berechtigten Interessen nicht weiter verfolgt. Dabei wird allerdings ein Aspekt ganz außer Acht gelassen: Wer kein ernsthaftes Interesse an der Zufriedenheit seiner Kunden hat, wird zu den Verlierern auf dem Markt gehören, sobald ein anderer Wettbewerber genau dieses universelle Bedürfnis befriedigt. Die Schlussfolgerung für ein erfolgreiches Autohaus oder eine erfolgreiche freie Werkstatt: Neben der Prozessorientierung gehört der Kundenorientierung ein ebenbürtiger Platz in der Wahrnehmung der Geschäftsleitung eingeräumt.
Könnten Sie einen Blick in die Zukunft werfen, so würden Sie in 200 Jahren immer noch feststellen, dass Kunden mit ihren Raumgleitern, Teleportern und Laserschwertern nur mäßig zufrieden sind, denn jeden Tag aufs Neue müssen Produktqualität und Dienstleistung hart erkämpft werden. Nicht jedes Unternehmen und nicht alle Mitarbeiter fühlen sich für diese tägliche Herausforderung hinreichend ausgestattet. Nur den Spitzenunternehmen gelingt es auf Dauer, wahre Kundenzufriedenheit zu erreichen! Die folgenden Kapitel vermitteln Ihnen ein Bild davon, was diese herausragenden Unternehmen in der Kfz-Branche tun, um die Bedürfnisse ihrer Kunden zu erkennen und zu befriedigen.