Krisenkommunikation

 

Krisenkommunikation bei mangelhaftem Werkstatt-Test

„Es hat mich ins Herz getroffen! Horror! Man nimmt das Schlimmste an!“ So äußerte sich der Inhaber einer freien Werkstatt, nachdem er von dem mangelhaften Abschneiden seines Betriebes beim ADAC-Werkstatt-Test erfuhr. Das Schlimmste daran war nicht die geringe Qualität der geleisteten Arbeit seiner Mitarbeiter bei diesem Test. In den Jahren zuvor hatte seine Werkstatt regelmäßig sehr gut bei internen Werkstatt-Tests abgeschnitten. Der Horror in diesem Fall war die negative mediale Welle, die über ihn, seine Mitarbeiter, seine Familie und sein Unternehmen hereinbrach.

Zunächst einmal erhielt er ein sehr kurz gehaltenes Schreiben des ADAC, das ihn darüber in Kenntnis setzte, dass er den Werkstatt-Test nur mit einer sehr geringen Punktzahl abgeschnitten hatte. Weitere Informationen konnte er in den nächsten Tagen auch bei direkter Nachfrage nicht in Erfahrung bringen. Ganz anders sah die Informationslage der Medien aus: Sie kannten jedes Detail. Bereits bei seiner Ankunft morgens im Betrieb waren verschiedene Radio- und Fernsehsender vor dem Betriebsgelände vertreten. Fragen prasselten auf ihn ein.

Wie würden Sie sich in so einer Situation fühlen? Was würden Sie als Erstes machen? Welche Strategie würden Sie verfolgen? Natürlich wünscht man niemandem ein solches Erlebnis, dennoch ist es hilfreich und vernünftig, sich mit so einem möglichen Szenario zu beschäftigen.

Folgendes Vorgehen ist anzuraten: Zunächst einmal ist es wichtig, die rationalen und emotionalen Aspekte so einer Krise voneinander zu trennen. Was ist durch den Werkstatttest rational oder rein faktisch geschehen? Lediglich eine unerwartete Veränderung der Situation, die zu diesem Zeitpunkt noch ergebnisoffen ist. Wie das Zitat zu Beginn dieses Kapitels zeigt, sieht die Lage emotional natürlich ganz anders aus. Der Betroffene fühlt dabei Emotionen wie Schock, Trauer und Wut, die durchaus zu Verleugnung und Depression führen können. Letztendlich kann dieser Weg aber zu einer geänderten Sichtweise und damit zu einem langfristigen Strategiewechsel führen. Zur Verdeutlichung ein Bild.

Stellen Sie sich eine Insel wie Sylt mit Straßen, Wegen, Bahnschienen und einer vollständigen Infrastruktur vor. Diese Infrastruktur entspricht den Handlungsmustern und bewährten Strategien eines Menschen. Alles läuft stabil und dann kommt eine Sturmflut – die Krise im beruflichen Leben. Straßen und Schienen werden unterspült und zerstört, vertraute Wege sind nicht mehr begehbar, Bewährtes kann nicht mehr genutzt werden. Wie geht es weiter? Nach dem schmerzvollen Aufräumen werden neue Wege angelegt, das Leben gewinnt an Routine. Alles ist gut, vielleicht sogar besser.

 

Hilfsmittel und Maßnahmen

Abgeleitet von dem Sturmflut-Bild können konstruktive Maßnahmen in der Krisensituation eines mangelhaften Werkstatt-Tests weiterhelfen. Als Erstes die Einberufung eines Krisenstabes. Die Telefonnummern und E-Mail-Adressen der Personen in diesem Krisenstab werden gesammelt. Ebenso wichtig sind die Einsetzung eines Protokollführers sowie eines Sprechers und seines Vertreters. Von diesem müssen sowohl ein Foto als auch seine Vita vorliegen. Vorzugsweise sollte der Inhaber bzw. Geschäftsführer diese Aufgabe übernehmen.

Folgende Fragen sind zu klären:

Welche internen Fakten sind über diesen Werkstatt-Test bekannt?
Ist bereits etwas veröffentlicht worden? Wird die Mithilfe von externen Fachleuten wie z. B. dem Kfz-Verband, einem Rechtsanwalt oder des Herstellers benötigt?

Ein wichtiges Element der Krisenbewältigung ist die Zusammenstellung der Fakten aus Verbrauchersicht. Auch wenn krasse Fehlleistungen nicht beschönigt werden dürfen, kann der Sprecher dennoch gegenüber den Medien einen Hinweis auf den Stichproben-Charakter dieses Tests äußern. In diesem Zusammenhang kann auch auf die guten Testergebnisse in der Vergangenheit hingewiesen werden. Absolut aussichtslos und unangebracht ist es in dieser Situation, Kritik an den Testern oder der Testmethode auszusprechen. Im schlimmsten Fall entwickeln sich daraus polemische Nachgefechte, die eher die negative Botschaft verstärken. Besser ist es, neutrale Referenzen (z. B. Verbandsvertreter) zu benennen. Als sehr wirkungsvoll hat sich außerdem erwiesen, zu benennen, welche konstruktiven Schritte bereits unternommen wurden, um die Fehlerursachen, die zu dem schlechten Testergebnis führten, unverzüglich zu beheben. Hierbei sollte der Öffentlichkeit nicht mehr versprochen werden, als man realistischerweise halten kann.

 

Bereits in einer frühen Phase sollten alle Mitarbeiter über die Details dieses misslungenen Werkstatt-Tests informiert werden. Hierbei ist es besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass lediglich der Sprecher gegenüber der Presse Auskünfte geben darf. Neben der mündlichen Beantwortung von Presseanfragen kann auch eine Pressemeldung herausgegeben und Informationen auf der eigenen Internetseite (sowie facebook, Twitter etc., wenn der Betrieb mit diesen sozialen Netzwerken ohnehin aktiv und qualitätsbewusst arbeitet) veröffentlicht werden.

Wie kann man es in der Zukunft besser machen?

Grundsätzlich gilt Folgendes: Jeder Kunde muss wie ein Werkstatt-Test-Kunde behandelt werden. Es ist schlicht unprofessionell, sich nur auf den besagten Werkstatt-Test-Kunden (sei es einer vom Hersteller oder von diversen Zeitschriften) zu konzentrieren. Wenn Sie dafür Sorge tragen, dass alle Abläufe von der Terminvereinbarung bis zur Fahrzeugrückgabe gut funktionieren, damit Sie von Ihrem Kunden bei der Nachkontaktierung eine sehr gute Rückmeldung erhalten, dann brauchen Sie sich um den nächsten Werkstatt-Test wirklich keine Sorgen zu machen. Betrachten Sie den Werkstatt-Test als IST-Zustand des eigenen Unternehmens. Ein bestandener Werkstatt-Test ist immer ein Zeugnis dafür, dass die Abläufe in Ihrem Betrieb gut funktionieren. Falls ein Werkstatt-Test mal nicht erfolgreich abgeschlossen wird, nehmen Sie dieses als einen wichtigen Hinweis, um anhand der Ergebnisse mögliche Schwachstellen zu erkennen und letztendlich Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen abzuleiten. Wie sieht so eine Maßnahme aus?

Der dafür Verantwortliche im Service spricht zuerst mit den beteiligten Mitarbeitern. Die Schwachstellen werden erfasst und eine Besprechung mit allen Mitarbeitern wird einberufen. Im Rahmen dieser Besprechung werden die Mitarbeiter von dem Verantwortlichen informiert, wo sich Schwachstellen im Kfz-Betrieb befinden. Dabei sollten auch Erkenntnisse aus internen Tests mit einfließen. Diese müssen von dem Verantwortlichen aus dem Service kontinuierlich ausgewertet und die entsprechenden Ergebnisse mit den Mitarbeitern diskutiert werden. Das Ziel dieser Besprechung sollte immer sein, eine Strategie zu entwickeln, wie so etwas in der Zukunft vermieden werden kann – nicht einen Schuldigen zu finden.

 

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Kommunikation ist bei der Abschwächung von Kernfehlern im Kfz-Betrieb das A und O. Die Grundsätze für die Kommunikation sind in den Kapiteln Teambildung im Kfz-Betrieb, Personalentwicklung – Mitarbeitergespräche richtig führen ausführlich beschrieben. In dem Kapitel Durch Fragen die Wünsche des Kunden herausfinden wurden weitere hilfreiche Grundsätze zur zwischenmenschlichen Kommunikation gegeben. Sie können ebenfalls vollständig auf Mitarbeiter-gespräche übertragen werden.

Kapitel 15 weiterlesen