Kundenzufriedenheit!

 

Dieses Wort hört sich so freundlich an, so harmlos. Man würde es bei der Betriebsführung glattweg unter die weichen Faktoren zählen – wären da nicht Hersteller und Medien.

Wenn ein Vertragshändler in einem internen Werkstatt-Test versagt, erhält er prompt die besondere Aufmerksamkeit seines ihm bisher wohlgesonnenen Herstellers oder Importeurs. Auch das hört sich wieder harmlos und hilfsbereit an. In Wirklichkeit bedeutet es für ihn aber, dass in den nächsten Monaten spezielle Coaching-Maßnahmen und eine betriebswirtschaftliche Durchleuchtung des Unternehmens anstehen. Zudem mündet es sehr häufig in zusätzlichen kostenpflichtigen Seminaren, die von Mitarbeitern besucht werden müssen. Auch finanziell bekommt der Kfz-Betrieb die „besondere“ Aufmerksamkeit des Herstellers oder Importeurs zu spüren. Der Customer Satisfaction Index (CSI) hat eine direkte Auswirkung auf die Neuwagen-Marge – sie wird nämlich um entscheidende Punkte gekürzt.

Noch düsterer und nervenaufreibender wird die Situation für die Mitarbeiter in einem Unternehmen, wenn sie „Opfer“ eines externen Werkstatt-Tests werden, z. B. von auto motor und sport, Auto Bild oder ADAC Motorwelt. In einem solchen Fall schwappt eine negative mediale Welle über den Kfz-Betrieb. Neben erschrockenen Kundenreaktionen sind es wiederum die Hersteller bzw. die Systemanbieter, die ihre Marketing-Wut kaum bändigen können. Beide befürchten nämlich, dass der Imagewert, der über Jahre hinweg aufwendig mit Marketingmaßnahmen aufgeladen wurde, empfindlichen Schaden nimmt. Für den Unternehmer ist es fast noch das kleinere Übel, im Hauptquartier des Herstellers/Importeurs mit gesenktem Haupt antreten zu müssen. Hatte der Hersteller/Importeur sowieso schon gewisse Zweifel am Wert der „Außenstelle“, ist ein vergeigter Werkstatt-Test nun durchaus Grund für eine Abmahnung, im schlimmsten Fall für eine Kündigung. Auch die Macht der sozialen Medien wie facebook ist nicht zu unterschätzen und wird ebenfalls von Herstellern und Importeuren mit Sorge wahrgenommen.
Kundenzufriedenheit ist ein lebenswichtiger Faktor für Autohäuser und freie Werkstätten. Zu diesem Thema haben repräsentative Umfragen bei Autofahrern ergeben, dass die Branche in der Gunst der Kunden gar nicht mal so schlecht abschneidet. Gerade die Premium-Hersteller haben durch eine genaue Beschreibung der Service-Prozesse viele vermeidbare Schwächen in der Kundenbindung ausgemerzt. Wie die Werkstatt-Tests zeigen, gelingt es dennoch nicht allen Vertragswerkstätten, durchgängig den Service auf höchstem Niveau zu halten. Urlaub, die Krankheit eines Mitarbeiters, hohe Fluktuation und saisonale Kundenanstürme (z. B. in der Reifenwechselsaison) sorgen dafür, dass Schwächen in der Betriebsstruktur des Autohauses offenbar werden.
Freie Werkstätten haben es da erheblich einfacher. Sie wirken oft schon aufgrund ihrer überschaubaren Größe persönlicher. Der im Mittelpunkt stehende Unternehmer gibt jedem Kunden das Gefühl, vom Chef selbst bedient zu werden – das ist natürlich ein Wahrnehmungs-Bonus, der von den Kunden mit hoher Zufriedenheit honoriert wird. Selbst eine etwas ungelenke Kommunikationsfähigkeit wird als authentisch umgemünzt und damit eher positiv gewertet. Die Vermutung, dass die Reparatur oder der Service in dem schlichten Ambiente einer freien Werkstatt günstiger sein wird, als im Glas-Marmor-Palast des Autohauses tut sein Übriges – Geld sparen macht eben zufrieden.

Schön wäre es, wenn auch in betrieblichen Ausnahmesituationen jeder Kunde vor, während und nach der Serviceleistung wirklich zufrieden ist. Die Vorstellung, dass Kunden Fans des Autohauses bzw. der Werkstatt werden, ist eine Idealvorstellung. Die Autoren und Herausgeber dieses Buches wären bereits „äußerst zufrieden“, wenn in dem gesamten Service-Prozess vermeidbare Fehler grundsätzlich nicht mehr auftreten und die Wünsche des Kunden wahrgenommen und zufriedengestellt werden. Daher erfahren Sie in diesem Buch, wie Führungskräfte durch ihr eigenes Vorbild und die Etablierung bewährter Prozesse die Grundlage für dauerhafte Kundenzufriedenheit legen können. In der Folge werden Mitarbeiter in der Lage sein, das Verhalten des Kunden richtig zu interpretieren, seine Bedürfnisse zu erkennen und ihm die Dienstleistung verständlich zu erklären. Selbst der Umgang mit unzufriedenen Kunden kann so gestaltet werden, dass letztendlich Probleme beseitigt und die emotionale Bindung an den Kfz-Betrieb wieder hergestellt wird.

Für den interessierten Leser gibt es am Ende des Buches noch einen Bonus-Bereich. Hier wird erklärt, warum gewisse Verhaltensweisen bei Kunden und Mitarbeitern auftreten. Die Erklärungsmuster in diesem Bereich stammen aus der aktuellen Psychologie- und Verhaltensforschung. Insofern erhalten Sie mit diesem Buch eine gelungene Kombination aus täglich gelebter erfolgreicher Betriebspraxis mit wissenschaftlich fundierter Basis. Diese Kombination wurde möglich, weil die Autoren selbst das Alltagsgeschäft in Autohäusern und Werkstätten durch langjährige Tätigkeit erfolgreich durchlebt haben.
Zudem wirkten sie in den vergangenen fünf Jahren bei unserem erfolgreichen PiK-Projekt (Personalentwicklung im Kfz-Gewerbe) mit, das die Situation in Kfz-Betrieben wissenschaftlich untersuchte und den Stand der Personalentwicklung genau analysierte. Im Rahmen dieses Projektes wurden speziell für das Kfz-Gewerbe Seminare und Teambildungs-Prozesse entwickelt und in der Praxis erprobt.
Diese umfangreiche Einführung kann in Ihnen die Neugier wecken: Wie sehen, wie empfinden und wie lösen andere Branchenkenner wie Sie die Herausforderung im täglichen Servicegeschäft. Wir wünschen Ihnen, dass Sie einige dieser Anregungen ansprechend finden und mit Entschlossenheit erfolgreich umsetzen.
Rolf-Dieter Fröhling – Präsident
Tim Scheider – Landesinnungsmeister
Jan-Nikolas Sontag – Geschäftsführer Verband des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein e. V.

Kapitel 2 weiterlesen